JÜDISCHE FILMTAGE INNSBRUCK 2023

27. BIS 29. NOVEMBER 2023
LEOKINO INNSBRUCK

MO 27 NOV 23 – 17:30 UHR

WO IST ANNE FRANK?

Regie: Ari Folman
Animationsfilm, BEL/ ISR 2021; 99min; deutsche Fassung

Mit seinem ersten Film seit acht Jahren greift der israelische Regisseur und Drehbuchautor Ari Folman das Schicksal der Jüdin Anne Frank auf, die mit 15 Jahren im Februar 1945, rund zwei Monate vor der Befreiung des Lagers, im KZ Bergen-Belsen den Tod fand. Und vorher mit ihren Tagebüchern aus der Zeit von 1942 bis 1944 eines der wichtigsten Zeitdokumente des Nazi-Terrors verfasste.

Ari Folman nähert sich der Person Anne Frank in seinem Animationsfilm zwar mit Würde, aber nicht als verklärte Erzählung von früher. In seinem Ansatz wird Kitty, die imaginäre Freundin von Anne Frank, in der Jetztzeit zu einer Art lebendigem Geist und macht sich auf die Suche nach ihrer Freundin. Schnell ist sie verwundert von den Menschenmengen, die in der Wohnung – nun ein Museum – unterwegs sind, und von der Verehrung, die die Niederländer:innen Anne Frank entgegenbringen, die sogar Plätze und Gebäude nach ihr benannt haben. Als sie bei ihren Nachforschungen den Migrantenjungen Peter kennenlernt, entdeckt Kitty schnell, dass es auch im 21. Jahrhundert noch unfassbares menschliches Leid gibt. (Markus Fiedler; Kino-Zeit)

MO 27 NOV 23 – 20:15 UHR

ERÖFFNUNG: COMMISAR

Regie: Alexander Askoldov
UdSSR 1967; 105min; OFmdtU

Eine für ihre politische Überzeugung lebende Kommissarin der Roten Armee bringt mitten im Bürgerkrieg gegen zarentreue Truppen ein Kind zur Welt. Aus ihrer anfänglichen Missachtung dieses neuen Lebens entwickelt sich unter dem Einfluss einer in ärmlichsten Verhältnissen lebenden jüdischen Familie, bei der sie einquartiert wurde, ein tiefes Erfahren allgemeinmenschlichen Lebensglücks. In faszinierenden Bildkompositionen und Metaphern lotet der Film den Konflikt zwischen inhumaner Kaderpolitik und unverbrüchlicher Menschenwürde aus. Anhand der historischen Situation entsteht ein zeitloses Plädoyer für die moralische Kraft eines human geprägten Lebens, zudem eine eindrucksvolle Sympathieerklärung für jüdisches Lebensverständnis und jüdische Kultur. (Filmdienst.de)

Ein großes und leidenschaftliches Pamphlet gegen Gewalt und Krieg, das sich ganz auf die Schwachen verlässt, auf ihre Hoffnung – und sei es nur ein Märchen oder der melancholische, verzweifelte Nachklang eines jüdischen Witzes. (epd)

anschließend: Benedikt Sauer im Gespräch mit Kurt Scharr (Geschichtswissenschaften UNI Innsbruck) und Eva Binder (Slawistik, UNI Innsbruck)

danach: Eröffnungsfeier im Foyer mit orientalischem Buffet und Live-Jazz (TRIOLEO)

DI 28 NOV 23 – 17:30 UHR

JUNGE STIMMEN AUS ISRAEL
KURZFILME BEIT BERL-COLLEGE

Das Beit Berl College ist ein lebendiges Labor für den Aufbau einer gemeinsamen Gesellschaft. Die Studierenden schreiben, führen Regie, drehen, produzieren oder schneiden während ihres Studiums kurze Spiel-, Experimental- und Dokumentarfilme sowie genreübergreifende Filme. Jedes Jahr werden in der Abteilung etwa 25 Kurzfilme produziert. Wir zeigen eine Auswahl.

anschließend: Marian Wilhelm im Gespräch mit Barak Heymann, Dozent am Beit Berl-College

DI 28 NOV 23 – 20:15 UHR

HIGH MAINTENANCE

Regie: Barak Heymann
DOC, ISR/POL 2020; 66min; OF mit engl. UT

Die Werke von Dani Karavan sind ikonische Monumente der Erinnerung. Der Film folgt dem Bildhauer auf einer turbulenten Reise und zeigt einen streitbaren Mann, der sich weigert, vergessen zu werden. Über 100 urbane Installationen hinterließ Dani Karavan, als er im Mai 2021 im Alter von 90 Jahren verstarb, darunter das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin. Zwei Jahre zuvor tourt der Israeli durch die Welt, um noch einmal so viele seiner Werke wie möglich zu besuchen. Doch seine gefeierten Arbeiten befinden sich häufig in einem schlechten Zustand – genau wie Karavans Gesundheit. Der Künstler reagiert darauf auf seine ureigene Art: grantig und mit seinem herrlich frechen Humor.

anschließend: Marian Wilhelm im Gespräch mit Regisseur Barak Heymann

MI 29 NOV 23 – 17:30 UHR

WER HAT ANGST VOR BRAUNAU?

Regie: Günter Schwaiger
DOC, AUT 2023; 99min; dtOF

Warum ist in Österreich noch nie ein Film über Adolf Hitlers Geburtsstadt Braunau und das dortige Adolf-Hitler-Geburtshaus gedreht worden? Diese Frage stellt sich Günter Schwaiger, als er 2018 mit der Arbeit an diesem Film beginnt, kurz nachdem die bisherige Besitzerin enteignet wurde und das Haus in den Besitz der Republik Österreich übergegangen war. 

Fünf Jahre lang begleitet der Regisseur die spannenden Entwicklungen rund um die Nachnutzung des historisch belasteten Gebäudes. Gab es am Beginn noch den Plan, dass die Lebenshilfe in das Haus einziehen soll, so entwickelt sich während der Dreharbeiten alles in eine völlig andere Richtung. Nicht nur das Filmteam, sondern ganz Braunau bis hin zum Bürgermeister werden vom neuen Nutzungsplan überrascht.

Schwaiger hinterfragt das Klischee der „braunen Stadt”. Eine Spurensuche, die ihn auch zu seiner eigenen Familiengeschichte führt.

anschließend: Benedikt Sauer im Gespräch mit Regisseur Günter Schwaiger und Dirk Rupnow

MI 29 NOV 23 – 20:15 UHR

MIR IST ES EGAL, WENN WIR ALS BARBAREN IN DIE GESCHICHTE EINGEHEN

Regie: Radu Jude
ROM/D/BUL/F/CZ 2018; 140min;

Der Filmtitel bezieht sich auf eine Rede des rumänischen Politikers Mihai Antonescu, der sich so im Sommer des Jahres 1941 im Ministerrat äußerte, als der systematische Mord an den Juden und den rumänischen Sinti und Roma bereits in vollem Gange war. Bei dem Massaker von Odessa im Oktober 1941 hatten rumänische Besatzungstruppen etwa 25.000 Juden ermordet.

In dem als Tragikomödie inszenierten Film macht sich eine junge Theaterregisseurin daran, eine rumänische Mitschuld am Holocaust zu thematisieren. Dabei stößt sie auf viel Gegenwind.

Radu Judes Spielfilm findet einen eigenen Ton für ein schwieriges Thema: die selektive Erinnerungspolitik im heutigen Europa. Zwischen Realität und Fiktion, zwischen dem Blick in moralische Abgründe und einer ironischen Leichtigkeit gelingt ihm eine facettenreiche Reflexion über Geschichtsvergessenheit. Ein Film, der auch das Scheitern politischer Kunst thematisiert und dabei als politisches Kunstwerk brilliert.

„Eine kluge Komödie über das Gedenken an den Holocaust? Mit „Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen“ gelingt dem rumänischen Regisseur Radu Jude das scheinbar Unmögliche.“ (Hannah Pilarczyk; Der Spiegel)

anschließend: Benedikt Sauer im Gespräch mit Dirk Rupnow (UNI Innsbruck)

Tickets:
Einzelticket € 9,80
Für alle unter 25: € 8,30

Karten reservieren:
LEOKINO, Anichstraße 36
Tel 0512 / 56 04 70
Reservierte Karten können bis 30 Minuten vor Beginn der Vorstellung abgeholt werden.


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