Spendenaufruf zur Restaurierung einer TORAROLLE

Eine unserer Torarollen ist inzwischen rund 100 Jahre alt und weist starke Abnützungsspuren auf. Seit 1945 ist diese Rolle, deren Herkunft nicht ganz geklärt ist, nachweislich in Innsbruck. Im jetzigen Zustand kann und darf sie nun nicht mehr im Gottesdienst verwendet werden und muss deshalb dringend restauriert werden.

In den nächsten Wochen wird ein Sofer aus Wien die Schäden der Rolle begutachten und einen Kostenvoranschlag erstellen. Zu erwarten sind Kosten zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Kosten, die unsere Gemeinde allein nicht stemmen kann!

Wir erlauben uns daher, einen Spendenaufruf zu starten, um das aufwendige Verfahren der Restaurierung in Angriff nehmen zu können. Es wäre schön, wenn die Torarolle in einem Jahr (so lange dauert die Restaurierung etwa) nach Innsbruck zurückkehren und feierlich aufgerollt werden könnte!

Spenden bitte an:

Israelitische Kultusgemeinde Innsbruck (Kennwort: Tora)
IBAN: AT50 4239 0009 0002 0806
BIC: VBOEATWWINN

Zu unserer großen Freude haben inzwischen auch die christlichen Kirchen Tirols ihre Unterstützung zugesagt. Die Diözese Innsbruck, die evangelische Superintendenz Salzburg und Tirol und der Bischof Stecher-Gedächtnisverein haben ihrerseits eine ökumenische Spendenaktion ins Leben gerufen.

Denn – so die Erklärung von Bischof Hermann Glettler und Superintendent Olivier Dantine – auch für Christen habe die Tora große Bedeutung. Die Tora sei auch ein Geschenk des Judentums an das Christentum. Und es sei ein Zeichen der Dankbarkeit, dass Tiroler Christen zu einer Spende für eine Torarolle der Innsbrucker Synagoge aufrufen.

HINTERGRUND: TORA

Die Tora ist das Heiligste im Judentum und zugleich die Grundlage für die religiösen Gesetze im Alltag. So versteht es sich von selbst, dass sich jedes Mitglied der Gemeinde ein Leben lang mit dem Text der Tora auseinandersetzt und jede Synagoge mehrere wertvolle Torarollen aufbewahrt.

In allen Synagogen, so auch in Innsbruck, befindet sich in der nach Jerusalem ausgerichteten Wand ein Schrein mit den Sefer Tora, den Torarollen. Gut geschützt von Toramänteln aus Samt oder Seide, liegen die aufgerollten Pergamentbahnen bereit, um in den Gottesdiensten hervorgeholt und zum Lesen auf der Bima ausgebreitet zu werden. Mindestens zwei müssen es sein, mehr sind willkommen und in vielen Gemeinden auch vorhanden.

Die Rollen werden von einem Sofer, einem kundigen Schreiber, von Hand geschrieben und enthalten alle den gleichen Text: die fünf Bücher Mose, die den Anfang der hebräischen Bibel bilden. Beim Schreiben der Tora ist jedes Detail festgelegt. Das Pergament muss von einem koscheren Tier, einem Schaf, einer Ziege oder einem Reh, stammen. Die Tinte stellt der Sofer selbst ohne Beifügung von Metall her und schreibt mit einem Federkiel die 304.805 Buchstaben der Tora, unterteilt in 54 Abschnitte, auf einzelne Blätter. Am Ende werden diese zusammengenäht und bilden eine Rolle mit 248 Spalten zu jeweils 42 Zeilen. Zum Aufrollen dienen zwei Holzstäbe, die als Etz HaChaim – Baum des Lebens – bezeichnet werden. Rundherum kommt ein Stoffband und schließlich ein Toramantel, der oft mit jüdischen Symbolen bestickt ist.

Dass Torarollen nicht gedruckt, sondern von Hand geschrieben werden, bedeutet einen großen Aufwand – ein Sofer arbeitet rund ein Jahr an solch einem Stück – und selbstverständlich schlägt es sich auch im Preis nieder. Ein Ziel dahinter ist, dass der Schreiber sich jedes Mal wieder eingehend mit dem Text beschäftigt, so wie im Judentum überhaupt die Auseinandersetzung mit der Tora eine der vordringlichsten Aufgaben jedes Gläubigen ist.

Gelesen wird sie – begleitet von Gebeten und Segenssprüchen – gegen Ende des Gottesdienstes am Sabbat, an den einstigen Markttagen Montag und Donnerstag sowie an den Feiertagen: Am Donnerstag wird der Beginn eines Abschnitts gelesen, am darauffolgenden Sabbat der gesamte Abschnitt und am Montag noch einmal das Ende des Abschnitts. Am Sabbat und an Feiertagen kommen weitere Abschnitte dazu. Innerhalb eines Jahres sind so alle 54 Abschnitte nacheinander an der Reihe. Damit die Tora im Gottesdienst überhaupt gelesen werden kann, müssen im orthodoxen Judentum mindestens zehn Männer anwesend sein. Der Vorbeter ruft zwei von ihnen zum Ausheben der Rollen aus dem Schrein auf, trägt die Tora in einer kleinen Prozession zur Bima und schlägt sie auf. An Werktagen ruft er dann drei Männer zum Lesen eines Abschnitts auf, am Sabbat und an Feiertagen sind es sieben und ein weiterer für die zusätzlichen Abschnitte aus der Tora und aus den Prophetenbüchern. Zum Abschluss hebt der Vorbeter die Tora hoch, zeigt sie der Gemeinde, ehe sie wieder zum Schrein zurückgetragen und eingehoben wird.

Aus der Tora vorzulesen, ist eine Herausforderung: Denn das Vor-Lesen ist eigentlich ein Vor-Singen und das Hebräische, das ohne Vokale notiert wird, eine schwierig zu lesende Sprache. Doch unabhängig von ihren Hebräischkenntnissen oder ihrer Singstimme empfinden es Juden als Ehre, zur Tora gerufen zu werden.

Die Israelitische Kultusgemeinde Innsbruck verdankt diesem Umstand sogar eine ihrer Torarollen. Ein wohlhabender Gast aus New York spendete sie, nachdem er zu Jom Kippur in der Innsbrucker Synagoge mehrmals zur Tora gerufen worden war. Woher die anderen beiden in Gebrauch stehenden Torarollen in Innsbruck stammen, lässt sich hingegen nicht mehr genau feststellen.

Text: Esther Pirchner
in: Das jüdische Innsbruck – Sichtbares und Unsichtbares in Alltag und Erinnerung
Herausgegeben von der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg
Limbus Verlag 2019


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